Die Unternehmen der hessischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) kämpfen sich schrittweise aus dem historischen Umsatztief, das die Corona-Pandemie verursacht hat. Der Weg ist nach einem historisch schlechten ersten Halbjahr 2020 aber noch lang: 20 Prozent der Unternehmen rechnen frühesten Ende 2021 mit einer Rückkehr zur Normalität. 45 Prozent können noch überhaupt nicht absehen, wann die Produktion wieder den Vorkrisenstand erreichen wird. Das geht aus der aktuellen Blitzumfrage der Arbeitgeberverbände Gesamtmetall und HESSENMETALL hervor.
In 85 Prozent der Unternehmen ist die Produktion Corona bedingt nach wie vor eingeschränkt. Der Anteil der Betriebe, die stark oder sehr stark betroffen sind, beträgt fast 25 Prozent. Besonders ernst ist die Lage bei den Kraftfahrzeugherstellern und Zulieferern: Sie kämpfen immer noch mit einer sehr niedrigen Kapazitätsauslastung. Der Anteil der Firmen, die Kurzarbeit nutzen, ist von zwei Drittel im Juli auf etwas mehr als die Hälfte gesunken. Damit sind von den rund 210.000 Beschäftigten der hessischen M+E-Industrie aktuell schätzungsweise rund 45.000 in Kurzarbeit. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation wollen die Unternehmen weiterhin ausbilden. Zwei Drittel wollen die Zahl ihrer Ausbildungsplätze konstant halten, rund 9 Prozent wollen im kommenden Jahr sogar mehr Ausbildungsplätze anbieten.
„Die Folgen der zusammengebrochenen weltweiten Lieferketten und Absatzmärkte und des Lockdowns hier vor Ort werden uns noch sehr lange beschäftigen“, sagte HESSENMETALL-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert. „Durch die Schwere der Krise steigt die Anzahl der Unternehmen, die betriebsbedingte Kündigungen aussprechen müssen, trotz Kurzarbeit leider an. Die Zahlen zur Ausbildung zeigen aber, dass die M+E-Industrie auch in schwierigen Zeiten an die Zukunft denkt – dafür braucht sie aktuell aber jede nur erdenkliche Hilfe“, so Pollert.
Damit die M+E-Unternehmen in Hessen und Deutschland besser durch diese herausragend schwierigen Zeiten kommen, „brauchen sie von der Bundespolitik ein fortdauerndes Belastungsmoratorium, dauerhafte Sozialversicherungsbeiträge unter 40 Prozent sowie gezielte Entlastungen z. B. durch eine Reduzierung der Unternehmenssteuern auf 25 Prozent sowie einen Ausbau der steuerlichen Forschungsförderung“. Stattdessen werde durch Gesetzesüberlegungen wie ein Lieferkettengesetz, eine Erweiterung des Unternehmensstrafrechts sowie einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice unnötige zusätzliche Unruhe in die Unternehmen gebracht. All dies, obwohl die noch nicht bewältigte Corona-Pandemie wie ein Brandbeschleuniger auf den Strukturwandel in der M+E-Industrie wirkt.
Die Landespolitik sollte ihre richtigen Anstrengungen weiter verstärken, die hessischen M+E-Unternehmen im Bereich anwendungsbezogenem Technologietransfer z. B. durch Verstärkung des Forschungsstandorts Künstliche Intelligenz in Südhessen oder die Erweiterung der hessischen Qualifizierungsoffensive um einen Digitalzweig zu unterstützen.
Und in der Tarifpolitik „dürfen Kostensteigerungen, mangelnde Flexibilität und zu hohe Komplexität nicht den Druck auf betriebsbedingte Kündigungen erhöhen. Es bedarf viel mehr Erleichterungen“, sagte der HESSENMETALL-Hauptgeschäftsführer.